Schwarmfische


Der Begriff "Schwarmfisch" wird etwas zu leichtfertig für sehr viele Fische verwendet. So werden selbst Prachtschmerlen und Diskus mittlerweile in diversen Newsgroups und Foren mit diesem Prädikat belegt. Hier soll nun einmal dieser Begriff ein wenig erläutert werden.

Was zeichnet einen Schwarmfisch aus? Ist es die Neigung, sich mit Artgenossen zu einer Gruppe zusammenzufinden? Aha, hier taucht also ein neuer Begriff auf, nämlich der der "Gruppe". Hierbei handelt es sich um einen Verband mehrerer Einzelindividuen, die sich zusammenfinden, um gemeinsam verschiedene Zwecke zu erfüllen. Das können sein

Die Vorzüge der Gruppenbildung liegen also durchaus auf der Hand. So finden sich manche Fische nur außerhalb der Paarungszeit zu Gruppen zusammen, so z.B. diverse ostafrikanische Seenbarschs, Skalare, Prachtschmerlen, Piranhas usw. Andere Fische bilden nur während der Jugendphase ausgesprochene Gruppen, die teilweise durchaus Schwarmstärke erreichen können, so z.B. diverse Barsche, Salmler, Barben und Bärblinge, Zahnkarpfen usw. Daneben findet man vor allem bei einigen Buntbarschen Familienverbände, die ähnlich strukturiert sind wie Gruppen. Zu diesen Fischen gehören diverse Tanganjika-Barsche, wie z.B. Neolamprologus brichardi, aber auch der Diskus. Bei diesen Verbänden kann im Grunde nur von einer temporären Gruppe gesprochen werden, die jeweils durch jüngere Nachfolge-Generationen gebildet wird. Ältere, geschlechtsreife Tiere verlassen irgendwann den Verband, um selbst einen Partner zu finden und ein eigenes Brutrevier zu besetzen. Jüngere Exemplare werden dabei nur geduldet. Daher kann bei diesen Fischen mit Sicherheit nicht im entferntesten von Schwarmfischen gesprochen werden.

Schwarmfische im eigentlichen Sinn scheint es vergleichsweise wenige zu geben. Wenn man die rein wissenschaftliche Definition des Schwarmfisches zu Grunde legt, handelt es sich bei echten Schwarmfischen um solche Tiere, die sich mittels Pheromonen verständigen und einen Individualabstand von maximal einer Körperlänge zueinander besitzen, also um sehr enge Verbände, wie sie im Süßwasser meines Wissens nicht vorhanden sind. Das Paradebeispiel für einen echten Schwarmfisch stellt der Hering dar, der den Schwarm sein Leben lang nicht wirklich verlässt. 

Meine persönliche Meinung von einem Schwarmfisch ist dagegen schon bei weitem lockerer. Ein Schwarmfisch ist ein Fisch, der in sehr großen Verbänden in der Natur vorkommt und wo eine Synchronisierung der Bewegung im Schwarm durch Kommunikation stattfindet. Die Art der Kommunikation spielt dabei keine Rolle. Im Schwarm verliert sich die Individualität zu Gunsten der Kommunalität. Das bedeutet, dass sich das Einzelindividuum zu Gunsten der Gemeinschaft der Gruppe unterordnet, die eine gewisse "kommunale Intelligenz" entwickelt, wie man sie von Ameisenstaaten kennt. Der Schwarm bildet dabei eine Art Gesamtindividuum. Dieses Verhalten ist bei sehr vielen Fischen zu beobachten, unter anderem auch bei vielen Salmlern, Barben und Bärblingen. Unter bestimmten Voraussetzungen darf sich der Schwarmverband durchaus auflösen und die Individualität des Einzeltieres gewinnt die Oberhand. Das geschieht vor allem dann, wenn der Feinddruck minimal ist. Ebenso kann dieses Verhalten auftreten, wenn die Paarungszeit einsetzt oder die Tiere auf Nahrungssuche gehen. Der Sinn des Schwarmes besteht immer in der Verbesserung der Überlebenschance. Piranhas bilden Schwärme, um bessere Jagderfolge zu erzielen, also letztendlich ebenfalls zur Verbesserung der Überlebenschance.

Die Entwicklung von Schwarmfischen im Süß- und Meerwasser hat sich unterschiedlich vollzogen. So sind die Meeresfische erdgeschichtlich gesehen die älteren Tiere. Süßwasserfische haben sich jedoch kaum aus den Schwarmfischen der Meere entwickelt, sondern vielmehr aus Fischen, die bereits die Metamorphose zum Süßwasser durchlaufen hatten, also weit spezialisiertere Tiere. Daher halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass sich aus diesem Grund die Schwarmfische beider Lebensräume sehr unterscheiden. Deshalb muss dennoch m.E. von Schwarmfischen bei vielen Salmlern, Barben, Bärblingen usw. gesprochen werden, auch wenn die Art der Kommunikation eine andere ist.

Weil also bei vielen Fischen nicht von Schwarmfischen gesprochen werden kann, soll hier eine andere Deklaration erfolgen. Dabei sollen Fische, deren Individuenzahl in dem natürlichen Verband relativ gering ist, als Gruppen- oder Gesellschaftstiere bezeichnet werden, deren Haltung unter aquaristischem Aspekt nicht unter fünf Einzeltieren betragen sollte. Tiere, die einen Familienverband bilden, sollten als Fische verstanden werden, die als Paar zu halten sind. All die Tiere, deren natürlicher Verband sehr groß ausfällt, sollte als Schwarmfisch betrachtet werden. Dabei sollte die Haltung möglichst nicht unter zehn Tieren erwägt werden, besser jedoch weit mehr. Meine persönliche Einschätzung dazu: Ein Schwarm fängt dann an, wenn eine Zählung der Einzelindividuen nicht mehr ohne weiteres möglich ist.


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