Altwasser, was ist dran?


Was ist Altwasser? Damit bezeichnet man Aquriumwasser, das so gut wie nie gewechselt wird. Früher galt Altwasser als das Non-plus-Ultra für die erfolgreiche Pflege von Aquariumfischen. Jeder Tropfen des meist goldbraunen Wassers wurde gehütet wie der eigene Augapfel. Einige Fischarten wurden zu dieser Zeit erstmals gezüchtet. Andere Arten wurden erst unter diesen Bedingungen gut haltbar.

Heute geht man dagegen eher den gegenteiligen Weg. Teilweise wird eine wöchentliche Wasserwechselmenge von 30% bis sogar hin zu 50% empfohlen. Als Argument hierfür werden Verdünnungsrechnungen angeführt, die belegen sollen, dass erst bei großen Wasserwechselmengel eine deutliche Verbesserung der Schadstoffbelastung eintritt.

Was ist denn nun richtig? Um diese Frage zu beantworten, muss zuerst geklärt werden, was bei diesen extrem gegensätzlichen Vorgehensweisen im Aquarium geschieht.

Betrachten wir zuerst die Altwassermethode: Wenn im Aquarium das Wasser so gut wie nie gewechselt wird, sondern nur verdunstetes Wasser aufgefüllt wird, reichern sich mit der Zeit die Salze des Leitungswasssers im Becken an. Der Leitwert steigt also kontinuierlich. Auf der anderen Seite werden durch die Fütterung der Fische organische Stoffe ins Wasser eingebracht, die über den Stoffwechsel der Fische, der Bakterien und Mikroorganismen verarbeitet werden. Dabei werden sie weitestgehend mineralisiert. Teilweise entstehen bei diesen Prozessen auch organische Säuren sowie Mineralsäuren. So bildet sich sich auch Phosphorsäure, die sich zum Teil an die Bildner der Carbonathärte anlagern. Dabei entsteht wasserunlösliches Calciumphosphat bzw. Magnesiumphosphat. Weiterhin wird Eisenphosphat gebildet. Das geschieht auch, wenn nicht gezielt Eisendünger zugesetzt wird, da sich im Futter nicht unerhebliche Mengen davon befinden. Die genannten Salze werden im Bodengrund und im Filter angereichert. Durch den Verlust des Calziums und des Magnesiums sinkt die Carbonathärte sowie die Gesamthärte. Es entsteht auf lange Sicht also Weichwasser mit einem allerdings steigenden Leitwert, weil Sulfate, Chloride usw. nicht aus dem System entfernt werden. Dabei verändert sich das Ionenspektrum erheblich.

Daneben werden bei dem Stoffwechsel der Mikroorganismen stabile organische Verbindungen gebildet, die für die goldbraune Farbe verantwortlich sind. Dazu gehören unter anderem Huminsäuren, Fulvosäuren, zum Teil auch aromatische Kohlenwasserstoffe usw. Sie besitzen neben der chelatischen auch eine desinfizierende Wirkung. So reichern sich diese Stoffe an und bewirken zusätzlich eine schleimhautschützende Wirkung. Mit steigender Anreicherung bewirkt die desinfizierende Wirkung jedoch, dass das Aquarium an Mikroorganismen verarmt, die einen wichtigen Anteil an der Mineralisation der Stoffwechselprodukte besitzen. Als Folge sinkt die oxidative Abbaugeschwindigkeit und der Anteil der Humin- und Fulfosäuren steigt. Jedoch bildet sich neben dem oxidativen Abbau gleichzeitig ein reduktives Milieu im Bodengrund, weil das Wasser sehr reich an organischen Stoffen ist. Altwasseraquarien können aus diesem Grund sogar relativ niedrige Nitratgehalte aufweisen. In der Gesamtheit entsteht ein mooriges Wasser. Wäre nicht die Anreicherung mit Mineralsalzen, könnte man behaupten, das Aquarium würde sich in Richtung Schwarzwasser entwickeln, ähnlich dem des Rio Negro. Dieses Wasser ist extrem lebensfeindlich und wird nur von wenigen Fischen vertragen, die zudem ein salzarmes Wasser bevorzugen. So extrem fällt die Situation jedoch meist nicht aus, weil beim Auffüllen des Wassers regelmäßig Calzium und Magnesium hinzugefügt wird. Dennoch entwickelt sich ein saures Milieu, dass teilweise sogar in den stark sauren Bereich abfallen kann. Ein ausgesprochener Säuresturz findet allerdings relativ selten statt, weil die reduktiven Prozesse des Bodengrundes den pH-Wert weitestgehend stabilisieren.

Bei der Frischwassermethode mit sehr hoher Wechselmenge von 30% bis 50% pro Woche bleiben die Wasserwerte des Aquariums relativ konstant in der Nähe der Werte des Ausgangswassers. Es kann sich eine große Artenvielfalt an Mikroorganismen einstellen, die zusammen mit den Bakterien für eine sehr schnelle und weitestgehend vollständig ablaufende oxidative Abbauleistung sorgt. Als Endprodukt des Eiweißabbaus tritt eine starke Anreicherung mit Nitrat auf, das jedoch durch die reichlichen Wasserwechselmengen kaum ins Gewicht fällt. Das hat auch zur Folge, dass sich keine nennenswerten Mengen an organischen Verbindungen aufbauen können. Somit fehlt weitestgehend auch der natürliche Schleimhautschutz dieser Stoffe. Weiterhin entfällt die chelatisierende Wirkung, was dazu führt, dass z.B. Eisen schneller oxidiert wird und damit ausfällt. Man muss also bei dieser Methode deutlich mehr Dünger verwenden. Durch die fehlenden organischen Verbindungen entstehen weniger reduktive Prozesse im Bodengrund, wodurch die Pflanzen weniger gut wachsen.

Im Wasser vorhandene organische Stoffe sind also sehr wichtig sowohl für das Wohlbefinden der Fische als auch für die biologische Stabilität des Aquariums. Sie sorgen für einen Schleimhautschutz bei den Fischen, sie wirken chelatisch für Spurenelemente, sie ermöglichen reduktive Abbauprozesse im Bodengrund, sie wirken als Radikalfänger und sie besitzen zum Teil desinfizierende Wirkung. Leitungswasser darf diese Stoffe jedoch nicht enthalten, weshalb es aggressiv und somit keineswegs als fischgeeignetes Wasser gelten kann.

Wenn man nun beide Methoden vergleicht, fällt auf, dass Altwasser bis zu einem gewissen Punkt nicht unbedingt als schlecht bezeichnet werden kann. Die Frischwassermethode liefert demgegenüber eher ein Milieu, dass aggressiver auf die Schleimhäute wirkt und somit die Basis für Hauterkrankungen sein kann. Damit kann sie auch nicht unbedingt empfohlen werden. Beide Methoden haben also gewisse Vorteile, doch sind die Nachteile ebenso klar. Wenn man nun zwischen beiden Modellen einen Kompromiss wählt, wird man den für die Bewohner besten Weg finden.

Eine wöchentliche Wasserwechselmenge von etwa 10% halte ich deshalb für den idealen Weg. Wenn darüberhinaus die biologischen Verhältnisse im Aquarium optimiert werden, kann das Aquariumwasser durchaus besser sein als das Leitungswasser. Um dieses erstrebenswerte Ziel zu erreichen, ist es sinnvoll, Überbesatz zu vermeiden, viele Pflanzen einzusetzen und eine angepasste Filterung zu installieren (falls überhaupt nötig).

 

Die Filterung

Überfilterung, was ist das?

Pflanzen in Aquarium

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